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Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat offenbar ein millionenschweres Softwareprojekt in den Sand gesetzt. An dem seit sieben Jahren entwickelten Programm namens ROBASO arbeiteten zwischenzeitlich bis zu 500 Entwickler. In einem seit Oktober 2015 laufenden Pilottest habe man nun festgestellt, dass das Programm nicht praxistauglich sei und zu viele Mängel aufweise. Insgesamt muss die BA wohl rund 60 Millionen Euro abschreiben, circa 42 Millionen Euro flossen an externe Dienstleister.

ROBASO sollte den Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit als „ROllenBASierte Oberfläche“ eine einheitliche Nutzeroberfläche zur Verfügung stellen, hinter der verschiedene sogenannte “Fachverfahren” zusammengefasst worden wären. Durch die somit seltener anfallenden Mehrfacheingaben und seltener notwendige Wechsel zwischen verschiedenen Oberflächen und Eingabemasken sollten die Mitarbeiter entlastet und die Verfahren beschleunigt werden. Zum Start des Projekts erhoffte man sich, dass sich die Anlage eines Neukunden für die Vermittlung und für die Bewilligung von Geldleistungen um bis zu 2 (in Worten: zwei) Minuten schneller bewältigen lasse.

In einer veröffentlichten Pressemeldung gab die Bundesagentur für Arbeit nun bekannt, dass ROBASO “zu wenig flexibel” sei. Die Schwachstellen der Software seien erst bei der Verwendung unter realen Bedingungen erkannt worden, vorherige Tests auf eine tatsächliche Praxistauglichkeit haben das Desaster offenbar nicht erahnen lassen.

Die Agentur liefert zu den Unzulänglichkeiten keine konkreten Beispiele. Die Defizite hätten jedenfalls nicht zeitnah und wirtschaftlich behoben werden können, so dass man sich zur Einstellung des Projekts entschieden habe. Ein unabhängiges externes Audit habe bestätigt, dass dies die sinnvollste Lösung sei.

Wie t3n.de berichtet, scheiterte es offenbar an kaum nachvollziehbaren Fehlern. So soll es mit ROBASO nicht möglich gewesen sein, nachträgliche Änderungen an den Stammdaten eines “Kunden” zu erfassen. De facto habe schon die eventuell geänderte Kontonummer eines Arbeitslosen dazu geführt, dass man sämtliche Leistungs- und Vermittlungsdaten neu in das System einpflegen musste. Gegenüber heise.de wies die momentan sehr schmallippige Bundesagentur darauf hin, dass dies nur ein “symbolisches Beispiel” sei, weitere Anfragen blieben bisher unbeantwortet.

„Ich brauche keine Produktverantwortlichen mehr, sondern Serviceverantwortliche, die auch in der Lage sind, verschiedene Services zu einer Anwendung zu kombinieren.“ Klaus Vitt, im November 2009

Den Entwicklungsstart für ROBASO hatte der damalige CIO der Bundesagentur für Arbeit und heutige Bundesbeauftragte für Informationstechnik Klaus Vitt veranlasst. Die rollenbasierten Oberflächen sollten einen kompletten Umbau der IT-Infrastruktur einleiten.

Bei der Bundesagentur für Arbeit sind nach Angabe der Behörde circa 120 eigens entwickelte Verfahrensabläufe im Einsatz, mit denen die Vermittlung von freien Arbeitsstellen, die Verwaltung von Fördermaßnahmen oder die Auszahlung von Geldern bewältigt werden soll. Man habe nun Vorkehrungen getroffen, damit sich ein solcher Abbruch in der Zukunft nicht wiederhole, in dem man z.B. die Praxistest bereits öfter und in früheren Entwicklungsstadien durchführe. Andere laufende Projekte sollen von der ROBASO Einstellung nicht betroffen sein.

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Fest steht, dass die Angelegenheit ein Nachspiel haben wird. Die zuständigen Abgeordneten im Haushaltsausschuss des Bundestags haben sich bereits kurz nach Bekanntwerden der Einstellung parteiübergreifend darauf geeinigt, dass der Bundesrechnungshof das Projekt prüfen soll.

In den zurückliegenden fünf Jahren investierte die Behörde rund 4,5 Milliarden Euro in den Betrieb und die Fortentwicklung ihrer IT.

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